Sonntag, 9. Januar 2011

Es taut…

Auf doppelte Breite angeschwollen - die Weiße Elster in Greiz
Es taut. Ein Fluch? Ein Segen? Der sonst so beschauliche Fluß nimmt bedrohliche Ausmaße an, der  Greizer Pegelstand beträgt jetzt 3,17 m, im Normalfall sind es etwa 2 Meter weniger. Unser Vogtlandstädtchen versank seit dem 26. November des vergangenen Jahres kontinuierlich im Schnee. Der Greizer Bahnhof,  im Elstertal gelegen, wird mit 265 Metern über NN angegeben. Daß wir in dieser niedrigen Höhenlage schon einmal soviel Schnee hatten - daran können sich sogar die Alten kaum erinnern. Je nachdem, wohin der Wind den Schnee wehte, waren das bis zu 70 Zentimeter, erstaunlich, schließlich geht's im Vogtland bis knapp unter die 1000 Meter, und wir sind dabei "nur ganz unten". Die Tage nach Weihnachten brachten die Erkenntnis, das heimische Balkondach schleunigst von der mehr als halbmeterhohen Schneelast zu befreien, bevor es sich davon krachend selbst befreit. 
In einer Nacht auf 52 cm angewachsen - wieviel wiegt eigentlich ein Kubikmeter der Flockenpracht auf dem Dach?
Unser städtischer Winterdienst ist auch nicht immer auf der Höhe der Zeit - oder des Neuschnees. Natürlich kann er nicht überall gleichzeitig räumen, wer das verlangt, der kommt vom Mond. Allerdings: Von zuständiger Stelle wird telefonisch versichert, daß man täglich räume und ergeht sich in einigen unpassenden Ausreden und Verbalien (ich zitiere den städtischen Sachgebietsleiter: "Dann bringen Sie's doch in die Bild-Zeitung!"), doch das Räumauto hinterläßt nach mehreren Wochen "täglichen Räumens" (besser: Salzens!) und "getaner" Arbeit auf dem Bürgersteig 15 cm tiefe Reifenspuren und eine wahrlich "gesalzene" Schneemehlpampe dazwischen. Nun, es ist ja gar nicht nötig, daß der Bürgersteig längs der Elster täglich geräumt wird (dieser Bürgersteig ist nur ein Beispiel…) - aber alle paar Tage mal richtig schieben und weniger salzen, dann entstehen der Brei und der Ärger erst gar nicht. Stattdessen werden die Greizer lieber  amtlich veralbert und das ohnehin knappe Streusalz ohne Sinn auf den hohen Schnee gestreut in der Hoffnung, daß sich dann alles von selbst erledigt. Das ist offenbar einfacher. Der Stadtrat allerdings applaudiert dem Winterdienst für seinen schweren Dienst, der tatsächlich zu nächtlichen Zeiten beginnt, wenn auch mein Bäcker die ersten Semmeln in den Backofen schiebt. Ein ganz normaler anstrengender Job, wofür er wahrscheinlich niemals Beifall bekommen wird, denn von einem Bäcker erwartet man das  als Selbstverständlichkeit - doch er hätte den Beifall nicht ebenso verdient!? Würde man einem Bäcker applaudieren, wenn er das Brot nur halb ausbäckt? Wenn der Räumdienst zwar fährt, aber das Schiebeschild aus Zeitgründen nicht benutzt (und dabei tatsächlich halbe Arbeit leistet, weil Salz streuen ohne Schieben schneller geht) und vor allem den Alten damit das Einkaufen unmöglich macht, dann hält sich der Beifall der Bürger in Grenzen.